Archiv
Theater am Stadtwald Historie
Volksspielbühne des ASV Dachau
Seit der Gründung des ASV Dachau im Jahr 1908 wurde in diesem Sportverein auch das Laienspiel gepflegt. Immer wieder fanden sich Mitglieder zusammen, die anlässlich verschiedener Veranstaltungen ihres Vereins kleine Stücke einstudierten und aufführten. In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die beliebten Charakterdarsteller Michl Morgott und Sepp Thurner zu den treibenden Kräften des Theaterlebens beim ASV; sie inszenierten, bauten Bühnenbilder und spielten, wo immer sich eine Gelegenheit dazu bot. Der große Erfolg, den sie mit ihren heiteren Volksstücken beim Publikum feiern konnten, ermutigte Michl Morgott, Sepp Thurner und ihren Theaterfreund Harri Schubert, im Jahre 1953 die "Theatergemeinde des ASV Dachau" zu gründen. Durch regelmäßige Theateraufführungen sollte das Volksschauspiel über den Verein hinaus einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und sich dadurch fest in Dachau etablieren. Der ASV stellte hierfür seine Halle und seine Einrichtungen zur Verfügung und gab dem Theater den Status einer Abteilung des Vereins.
Trotz der Konkurrenz durch das reiche Kulturangebot im nahen München, an dem bis dahin schon viele Versuche, in Dachau ein festes Theater einzurichten, gescheitert waren, fand diese neue Amateurbühne bald reichlich Zuspruch auch außerhalb des Vereins. Die Vorstellungszahlen konnten nach und nach erhöht werden. Schon nach wenigen Jahren war die Theatergemeinde des ASV Dachau als Vertreterin guten Amateur- und Dialekttheaters über die Stadtgrenzen Dachaus hinaus ein Begriff. 1957 änderte man ihren Namen um in "Theater am Stadtwald – Volksspielbühne des ASV Dachau e.V.".
Von Anfang an wurde mit großer Intensität an dem selbst auferlegten Spielplan festgehalten, im Frühjahr und im Herbst jeden Jahres ein abendfüllendes Lustspiel zu inszenieren und aufzuführen. Dazu kommen kleine Einakter, die bei Vereinsfesten, Weihnachts-feiern oder anderen Gelegenheiten präsentiert werden.
Im Jahre 1967 trat der ASV Dachau dem Volksspielkunstverband Bayern e.V. im Bund Deutscher Amateurtheater e.V. als Mitglied bei (heute Verband Bayerischer Amateurtheater e.V.) und integrierte damit sein Theater am Stadtwald in die Dachorganisation des Amateurschauspiels.
Zwei Jahre später verbuchte das Theater einen der größten Erfolge seiner Geschichte: In einem vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. und vom Bayerischen Rundfunk erstmals veranstalteten Wettbewerb "Laien spielen um die Wette", der gleichzeitig der Bestandsaufnahme der bayerischen Mundart-theater dienen sollte, wurde das Theater am Stadtwald mit dem Bauernschwank "Die drei Dorfheiligen" von Max Neal und Max Ferner unter 190 bewerteten Bühnen mit einem der elf Haupt-preise ausgezeichnet. Zu den zahlreichen weiteren Klassikern, die das Theater im Lauf seiner Geschichte aufgeführt hat, zählen "Die drei Eisbären, "Das sündige Dorf", "Der Meisterboxer", "Der Geisterbräu" und "Der Brandner Kaspar".
1974 erfüllte sich das Theater mit der Gründung einer Jugendgruppe zur Förderung des Theaternachwuchses einen lang gehegten Wunsch. Noch im gleichen Jahr trat die "Jugendbühne des Theaters am Stadtwald" mit dem Märchenspiel "Der kleine Muck" erstmals an die Öffentlichkeit. Seitdem ist auch diese Jugendbühne nicht mehr aus dem Dachauer Theater-leben wegzudenken; ihre alljährlichen Märchenproduktionen wie "Dornröschen", "Die Schneekönigin" oder "Pippi Langstrumpf" bringen es mittlerweile stets auf jeweils vier bis fünf Vorstellungen und sind bei Jung und Alt beliebt. Seit 2007 spielt auch die Jugendbühne zweimal im Jahr, wodurch das Kindertheaterangebot um Stücke für ein jugendliches Publikum erweitert werden konnte; am Beginn dieser Serie stand "Das Gespenst von Canterville". Übrigens wurde auch das ursprüngliche Gründungsziel erreicht, denn viele Gründungsmitglieder der Jugendbühne gehören heute zu den Stammspielern im Ensemble.
Ebenfalls 1974 gastierte erstmals die Bürgerressource Bayreuth 1828 e.V. beim Theater am Stadtwald Dachau. Die beiden Amateurbühnen hatten im Jahr zuvor Kontakte geknüpft, aus denen eine intensive Partnerschaft wurde. Seitdem finden immer wieder mit großem Erfolg Gastspiele der Dachauer in Bayreuth und umgekehrt statt und bereichern die Theaterszene der jeweiligen Stadt um eine besondere Note.
Eine weitere Partnerschaft verbindet das Theater am Stadtwald mit dem Tour Theater Baden-Baden, bei dessen Theaterfestival die Dachauer 1997 einen zweiten Platz errangen; in der Folge gastierte das Theater am Stadtwald mehrfach beim Weinfest in Steinbach.
1990 wurden der ASV Dachau und sein Theater von einer schweren Brandkatastrophe betroffen. Mit der Theater- und Gymnastikhalle verbrannten die Bühne und die Umkleide- und Aufenthaltsräume des Theaters, die über Jahrzehnte hinweg von den Mitgliedern in ihrer Freizeit immer weiter ausgebaut, ergänzt und verbessert worden waren. Auch der Fundus und das gesamte Inventar wurden vernichtet.
Zum Glück wurde dem Theater mit dem Saal des Dachauer Roten Kreuzes eine vorübergehende Spielstätte zur Verfügung gestellt, so dass auch in den Jahren des Wiederaufbaus weitergespielt werden konnte.
Zum 40-jährigen Bestehen des Theaters 1993 konnte dann der neu errichtete Theatersaal des ASV Dachau bezogen werden.
2007 wurde das Theater am Stadtwald mit dem Kron-Maus-Kulturpreis der ÜB Dachau ausgezeichnet.
Auch nach nunmehr sechzig Jahren ist das Theater am Stadtwald beliebt wie eh und je. Die jeweils acht Vorstellungen der Frühjahrs- und Herbstproduktionen sind zumeist ausverkauft. Dabei besteht das Publikum längst nicht mehr nur aus Dachauern; selbst aus München kommen immer wieder Besucher nach Dachau, um dieses urwüchsige Mundart-Theater zu genießen. Dass während der Vorstellungen bewirtet wird, ist vielleicht nicht allen recht, aber auch das gehört zu den Traditionen, die das Theater am Stadtwald von Anfang an geprägt haben und die es ebenso in die nächste Dekade seines Bestehens mit hinüber nimmt wie die Spielfreude, das Engagement und den unbedingten Einsatz seiner Mitglieder, die alle eines gemeinsam haben: ihre große Liebe zum Theater.
Ingrid Zellner
Januar 2013